Jetzt beeinflusse ich bewusst, denn in diesem Beitrag geht es nicht um Unternehmerinnen im Besonderen, sondern ich schreibe diesen Text einfach in der weiblichen Form. Natürlich und selbstverständlich sind alle Männer, damit auch die Unternehmer und Rhetoriker in diesem Beitrag einbezogen. Die weibliche Form bezeichnet der Einfachhalthalber beide Geschlechter.
Berufung – Solo-Unternehmerin
So habe ich meinen Berufswunsch nie beschrieben und doch treffe ich damit den Nagel recht gut auf den Kopf. In den vergangenen Wochen habe ich mich aktiv an drei weiteren Blog-Paraden beteiligt, die mich heute nun verstärkt veranlassen mich an Monika Birkners Blog-Parade zum Thema Wertschätzung für Solo-Unternehmer einzubringen. Die vergangenen Beiträge entstanden zum einen für Natalie Schnack mit 10 interessante Dinge über mich, Sascha Theobalds Frage nach dem Wunschkunden und zum anderen für Wiebke Ladwig Blog-Parade: Was machen Sie beruflich? Somit habe ich mich sehr intensiv mit meiner eigenen Arbeit, mit meinem Beruf beschäftigt und mit meinem Wunschkunden. Im Rückblick eine gelungene Mischung und gute Grundlage für meinen heutigen Beitrag.
Gerade bei der Frage nach“ Was machen Sie beruflich?“ habe ich von sehr vielen Berufsbildern gelesen, die es vor einigen Jahren noch nicht gab und die für mich immer noch ein Rätzel darstellen. Ganz anders als meinem eigenen Berufstitel. Rhetorikerinnen gibt es seit weit mehr als 4.000 Jahren.
Ob Kunden die Berufstitel verstehen und wertschätzen?
Gerade mit Blick auf meinen Wunschkunden habe ich mich dann gefragt, ob Kunden verstehen, welche Qualifikationen hinter den Titeln stehen? Verstehen meine Kunden den Unterschied zwischen Rhetoriker und Rhetoriktrainer?
Im Studium sprachen wir oft darüber, wie groß die Konkurrenz ist und das Deutschland bereits 1999 ca. 5.000 Rhetoriktrainer vorwies. Damals war ich mir sehr sicher, dass meine Kunden den Unterschied erkennen werden, mein Studium wertschätzen werden. Schließlich bin ich ausgebildete Rhetorikerin und keine Trainerin mit Trainerschein vom Verband xyz.
Wertschätzung von Rhetorikerinnen und Rhetorikern
Walter Jens, das sagt der einen oder anderen eventuell noch etwas, dass er jedoch der streitfähige und wortgewandte Wiederbeleber der Rhetorik in Deutschland ist, hat für die meisten keine Bedeutung. 1963 berief die Universität Tübingen ihn als ersten ordentlichen Professor für Rhetorik, bis heute der einzigen Universität an der junge Menschen Rhetorik studieren können.
Rhetorik gehört zu den „septem artes liberalis“ zu den 7 freien Künsten, des antiken Ausbildungskanons. In unserer heutigen deutschen Kultur ist Rhetorik fast zum Schimpfwort erhoben. Reden, Redekunst oder gar Rhetorik sind Ausgestoßene unserer Bildung. Mit vorsichtigen Babyschritten bestreitet die Herti Stiftung seit einigen Jahren das Programm Jugend Debattiert – und begeistert viele junge Menschen für die Redekunst in Form des gesitteten Streites. Das resultiert auch in zahlreichen universitären Debattierklubs. Anfang des Jahres fand sogar die World Universities Debating Championship (WUDC) in Berlin statt. In den Unternehmen der Nation scheint der neue Trend hin zum zivilisierten Streit noch nicht angekommen zu sein.
Ich stelle jetzt die vorsichtige These auf, dass es auch an der Auswahl der Rhetoriktrainerin liegt, die die großen und kleineren Unternehmen treffen. Eine Rhetoriktrainerin übt und trainiert mit Menschen Standartverfahren – ähnlich wie beim Fußball.
Strategische Ansätze, ausgeklügelte Techniken, bewährte Redeübungen, die über die Körpersprache hinausgehen, finden wir als interessierte Leser oft nicht. Andere Rhetorikerinnen haben sich dem angepasst, da schließe ich mich nicht immer aus, denn das ist was der Markt nachfragt.
Wir Tübinger Rhetorikerinnen sind ganz besonders durch unsere Ausbilderinnen und unsere Ausbildung geprägt und durch unseren offiziellen Uniabschluss – Magistra Artium der Rhetorik. Einfacher ausgedrückt Rhetorikerinnen.
Wertschätzen Kunden, die fachliche, universitäre Ausbildung von Solo-Unternehmerinnen?
In klassischen Anstellungen schauen Personalerinnen immer auf die Ausbildungen, Zertifikate der potentiellen neuen Angestellten. Nun frage ich mich, wie sieht das mit Solo-Unternehmerinnen, Freiberuflerinnen aus? Natürlich haben Erfahrungen ihren Stellenwert! Gerade in meinem Fachgebiet, in der Rhetorik sehe ich jedoch sehr häufig Menschen, Freiberuflerinnen, die sich als Rhetoriktrainerin dem Markt anbieten, dabei aus dem Schauspiel, der Sozialpädagogik oder aus der BWL kommen. Wie rechtfertigen Entscheider eine Trainerin, die nicht die fachliche Ausbildung mitbringt? Würden Sie eine IT-Adminstratorin für Netzwerksysteme einstellen, die angibt das Heimnetz ordentlich aufgebaut zu haben? Die Physotherapeutin, die ihren Mann gut massiert? Die Buchhalterin, die schon immer ein Haushaltsbuch geführt hat?
Bei genauem Hinschauen fehlen dann bezeichnende Fähigkeiten. Natürlich kann sich jede aus Büchern Wissen aneignen, sehr viel anders habe ich mein Wissen ja auch nicht erworben. Allerdings bestand meine Lektüre aus vielen alten Quellen aus dem Umfeld von Aristoteles, Quintilian, Cicero und meinem persönlichem Favoriten Alious Theon, weniger der zeitgenössischen Ratgeberlektüre.
Wie sehr schätzen Entscheider die Ausbildung von Solo-Unternehmerinnen?
Zählen Erfahrung, Vitamin-B oder Empfehlungen von früheren Kunden hier mehr als eine solide Ausbildung? Dabei schaue ich besonders auf meinen Bereich der Rhetorik, denn der Begriff Rhetorikerin ist keine geschützte Berufsbezeichnung wie Diplom Ingenieurin für Feinwerksmechanik oder Diplom Medizinerin für Pneumologie, Bäckerin, Mechatronikerin und viele andere.
Wichtig ist dabei auch, dass wir in Tübingen sowohl zu Rhetorikerinnen als auch Rhetorinnen ausgebildet wurden. Fragen Sie sich jetzt worin besteht der Unterschied? Rhetorikerinnen beschäftigen sich eher theoretisch mit dem Wissen der Rhetorik und sind in der Lage es an andere weiterzugeben. Rhetorinnen sind gute Rednerinnen, die ihr Publikum zu begeistern und überzeugen wissen.
Weis und wertschätzt mein Wunschkunde diese Qualifikation?
Vor einigen Tagen erst, auf der Messe Personal Nord fragte mich ein Messestandbesucher, welches mein Alleinstellungsmerkmal sei? Darauf antwortete ich: Ich bin Rhetorikerin – und habe Rhetorik 6 Jahre lang studiert und bin seit 10 Jahren Freiberuflerin.
Aus der Art und Weise wie mich meine langjährigen Kunden behandeln, bin ich mir gewiss, dass meine Kunden meine Qualifikation schätzen. Meine Ausbildung zahlt sich für beide Seiten aus – für meine Wunschkunden und für mich.
Mehr geht jedoch immer!
Ich appelliere an Personaleiterinnen und andere Entscheider in der Weiterbildung die Ausbildung von Rhetorikerinnen neu zu bewerten und diese bei der Auswahl für die nächste Rhetorikschulung zu berücksichtigen.
Tübinger Rhetorikerinnen und Rhetoriker, die in der Weiterbildung arbeiten
Aus Wertschätzung für meine Tübinger Rhetorikkollegen liste ich hier, die mir bekannten Rhetorikerinnen und Rhetoriker auf, die als Berater, Dozenten und Trainer für die Weiterbildung von Menschen arbeiten:
Hallo Frau Torma,
als Hallenser Sprechwissenschaftlerin und (Solo-)Unternehmerin spricht mir Ihr Artikel sehr aus dem Herzen.
Auch Diplom-Sprechwissenschaftler müssen sich oft erklären und manch ein Personalentscheider antwortete schon: „Was? Sie haben keine Trainerausbildung nur ein Studium?“
Dass 20 Tage Ausbildung für manche mehr zählen als 5 Jahre Studium ist sicher gar nicht böswillig gemeint, sondern Hinweis, dass wir Rhetoriker, Sprechwissenschaftler und/ oder Sprecherzieher mehr Selbst-Wertschätzung in die Welt hinaustragen sollten. Denn eins hat mancher BWLer vielen meiner Studienkollegen voraus: das Klappern und auf sich aufmerksam machen.
Vielen Dank für Ihre Worte,
Steffi Schwarzack
Klöppeln gehört zum Handwerk, Danke für Ihren Kommentar Frau Schwarzack.
In dert Tat, manche Gespräche mit Personalern bzw. gestern der Austausch mit einer Journalistin, lässt mich nach Luft schnappen. Gestern ging es um Tipps für CIOs und eine Interviewanfrage. Da ich nicht sofort über die Feiertag Fuß bei Gewehr stand, wandte sie sich dann an andere „Rhetorikexperten“. Diese Schnelllebigkeit und sich mti selbsternannten Experten zu frieden zu geben ist dann reine Zeitverschwendung für beide Seiten.
Es muss nicht alles reguliert werden, wenn es jedoch Ausbildungen, und das ist ein Studium für mich, gibt, bei denen wir einen ordentlichen Studienabschluss erwerben, sollte dieser in der Wertschätzung höher liegen, als ein Zertifikat, welches ich nach einigen wenigen Tagen erhalte. Auch wenn mich einige Leserinnen jetzt steinigen mögen, ich bin mir der Bedeutung von diversen Verbänden in Deutschland nicht klar. Interessensvertretung – ja da bin ich dabei, eine gemeinsame Stimme für das Anliegen von Solo- oder Einzelunternehmern. Aber als Qualitätsmerkmal? Sobald ich in einen der diversen Verbände eintrete, zahle ich als Bildungsanbieter ordentlich und erhalte ein Siegel – ja das was ausweist? Meine fachliche Qualifikation? Dass ich mich an die Menschenrechte halte? Das ich bei Problemen mit Kunden einen Mediator nachweisen kann. Das sind für mich keine Gründe in irgend einen der diversen Verbände um Aufnahme zu ersuchen.
Was mir fehlt in der Wertschätzung von Solo-Unternehmerinnen ist die Anerkennung bzw. das Einfordern von ordentlichen Ausbildungen – auch seitens von Personalern. In der Rhetorik gilt, nur weil jemand gut Reden kann (wie zum Beispiel bei Gewinnern von Toastmasterwettbewerben), macht ihn oder sie das noch lange nicht zu einem Rhetoriker und Ausbilder für Rhetorik.
Ich freue mich sehr Frau Schwarzack, dass dieses Anliegen auch andere Berufsgruppen wie zum Beispiel Diplom-Sprechwissenschaftler betriff. Ich vermerke Sie einmal in meinem kleinen schwarzen Büchlein, denn ich selbst als Rhetorikerin gebe keine tiefliegenden Tipps oder Übungen, wenn es mit der Stimme klemmt. Bisher habe ich dann lieber an mir bekannte Logopäden verwiesen, vielleicht bald auch an Sie Frau Schwarzack.
Liebe Frau Torma,
ein interessanter Aspekt, den Sie einbringen, vor allem im Vergleich zur Auswahl bei der Einstellung fester Mitarbeiter. Und spannende Überlegungen zum Marketing ergeben sich daraus, die hier den Rahmen sprengen würden. Letztlich geht es ja immer darum, dass der Kunde eine möglichst passgenaue Lösung für seine Probleme oder Wünsche erhält und dem Kunden dies zu kommunizieren, indem man ihm den Nutzen bestimmter Merkmale klar macht. Nicht alles, was man zu bieten hat, hat automatisch Wert für den Kunden. Nicht immer versteht der Kunde den Wert auf Anhieb.
Und was den Vergleich zur Mitarbeiter-Auswahl angeht: Ich habe im Laufe meiner Management-Zeit viele Einstellungsgespräche für alle möglichen Positionen geführt. Die Ausbildung war dabei selten das entscheidende Kriterium, sondern die Gesamteignung für den Job.
Endlich finde ich Zeit Ihnen zu antworten. Danke Frau Birkner für Ihren Kommentar.
Die Ausbildung allein hat nicht den größten Wert. Wenn ich jedoch einen gelernten oder einen ungelernten Maurer mein Haus bauen lasse, wird sich der Qualitätsunterschied bald bemerkbar machen. Viele Jahre Berufserfahrung sind natürlich ein wichtiger Aspekt bei der Auswahl von Dienstleistern, wenn jedoch die Grundlagen nicht stimmen, bekomme ich große Bauchschmerzen.
Gerade in den „neuen“ Berufen und Rhetoriker gibt es ja erst seit knapp 4.000 Jahren verführen Titel und (selbsternannte) Experten – dagegen trete ich ein.
In meinem Beitrag frage ich deshalb ja ganz konkret, wie wichtig oder wie wertschätzend ist es auch der Position von Entscheidern die Ausbildung eines Dienstleisters im Auge zu haben.
Dabei stelle ich diese Frage nicht nur für die Rhetorik, sondern schließe ganz bewusste viele Berufe ein. Es heißt oft: Quereinsteiger willkommen. Wie sieht das jedoch bei Solo-Unternehmern aus? Woran erkennen Personalentscheider, ob Sie eine Fachkraft vor sich haben oder nicht? Daher plädiere ich dafür, dass die Ausbildung in der Wertschätzung steigt, wenn Sie jedoch bei leibe nicht das einzige Auswahlkriterium sein soll.
Liebe Frau Torma,
für mich stellt sich immer die Frage, was ich beeinflussen kann und was nicht. Ob man als einzelner Anbieter beeinflussen kann, welche Kriterien Entscheider generell zugrunde legen, in diesem Fall die gesamte Zunft der Personalentscheider, möchte ich bezweifeln. Doch was immer geht, ist das Herausstellen der eigenen Vorteile und des Nutzens, den die Kunden davon haben.
Liebe Frau Birkner,
Danke, dass Sie sich die Zeit für eine Konversation nehmen.
Ein einzelner Anbieter wird vermutlich wenig ausrichten – jedoch vergleiche ich meine Situation mit einer Mücke. Denken Sie doch einmal daran, welchen Einfluß eine einzelne Mücke auf Ihre Nachtruhe haben kann.
Hinzukommt, dass ich aus Gespräche mit Kollegen aus meinem eigenen Fachbereich weiß, dass sich viele dieses Kriterium als Entscheidungsmerkmal wünschen. Was uns fehlt ist die richtige Lobby. Mit dem Tod von Walter Jens ist uns ein weiterer Streiter für unser Fach entglitten. Was die ganze Zunft angeht – an der bin ich gar nicht interessiert. Mir reicht schon ein kleines Stück des großen Kuchens.
Natürlich hindert mich das nicht daran mein Fachwissen mit dem richtigen Nutzen für meine Kunden in Verbindung zu bringen. Ein wichtiger Aspekt, den ich mir zu Herzen nehme.
Liebe Frau Torma,
wie wäre es mit einer gemeinsamen Marketingkampagne? Wenn es keine Lobby gibt und Sie sich eine wünschen, können Sie ja selbst eine kreieren.