In den 1990er Jahren rief dieser Satz eine Empörung hervor – heute sagten wir mh da haben ebend zwei Männer geheiratet?
Weit gefehlt! In diesem Beispielsatz aus einem Frauenratgeber proklamierten die Autoren den stringenten Gebrauch der weiblichen Formen, also der Berufsbezeichnungen.
Hätten Sie als erste daran gedacht?
Nach der Welle der Emanzipation kam die Neutralisierung
Ich erinnere mich noch gut an meine Studienzeiten – da waren wir die „lieben Studentinnen und Studenten“. Mich persönlich haben diese Doppel- und Dreifachnennungen immer genervt. Allerdings verstehe ich, wie wichtig es im täglichen Gebrauch ist, dass beide Formen gehört werden. Aber was kam nach der Doppellung? Richtig die Neutralisierung.
Männer murren noch heute, wenn ich meine Rednerinnenanalyse vorlege
Meine ersten Aufträge 2003 waren ausschließlich für Frauen bestimmt – und die Arbeit mit den reutlinger Frauen hat mir sehr viel Freude bereitet. Also erstellte ich ganz bewusst und in Absprache mit den Auftraggeberinnen Arbeitshefte, Unterlagen und Checklisten mit der weiblichen Sprachform. Nach einigen Monaten waren mir diese Forumlierungen in Fleisch und Blut übergegangen.
Zwei Überbleibsel habe ich noch in meinem Reportoire – die Checkliste für die Analyse einer Rednerin und selbstverständlich nutze ich diese auch für männliche Teilnehmer als auch mein Grundlagen Arbeitsheft für freie Rede. Diese beiden Texte erregen immer, aber auch wirklich immer die Gemüter der Männer. Auch wenn groß und deutlich dabei steht, dass selbstverständlich beide Geschlechter angesprochen werden.
In Frauenseminaren verwende ich natürlich nur die weibliche Form
In meinen Seminare, die sich nur und ausschließlich an Frauen richte, spreche ich immer von der Teilnehmerin oder der Rednerin – und fühle mich dabei sehr wohl. Anders sieht es da schon bei den Frauen aus – mindestens eine wagt sich mutig hervor und fragt, ob es da einen Druckfehler in den Unterlagen gäbe. Nein, versichere ich dann, es gibt sicherlich Druckfehler, aber nicht diesen, es sind tatsächlich die anwesenden Frauen gemeint – meine Teilnehmerinnen.
Im Alltag ist mir das Doppeltgemoppelte jedoch zu anstrengend
Vielleicht schreien jetzt einige laut auf – so geht das aber nicht, wenn dann richtig. Ganz ehrlich, das wäre und ist mir viel zu anstrengend jedes Mal liebe Teilnehmerinnen und werte Teilnehmer zu schreiben und zu sagen. Über viele Jahre lang habe ich mir mühsam antrainiert von Teilnehmenden, Studierenden, Lernenden, Leitenden zu sprechen. Im Moment frage ich mich, ob das so noch richtig ist.
Die Wirtschaft und die Politik verlangen nach Frauen und unsere Sprach wehrt sich vehement
Stellen Sie sich einmal vor, in Ihrem Personalausweis steht folgendes drinn:
Die Inhaberin dieses Ausweises ist deutsches Staatsangehörige.
Würden Sie das überlesen oder sich ernste Gedanken machen?
Mein erster Gedanke war – oh das wäre eine tolle Idee für Männer so und für Frauen so – druckt die Bundesdruckerei diese und jene Variante. Da vermute ich jetzt jedoch einen Aufschrei unseres Bundesfinanzministers – was denken Sie?
Bis zur Kanzlerin war es ein weiter Weg
In meinen Abizeiten, wenn mich jemand fragte, was willst du mal werden, lautet meine Antwort stehts „die erste Bundeskanzlerin“. Diese Aufgabe hat nun Dr. Merkel übernommen und ich habe eine ganz andere Karriere eingeschlagen. Für junge Frauen, die heute aufwachsen, wird es jedoch normal sein, dass es eine Kanzlerin und einen Kanzler gab. Was in der Realität vollzogen ist, muss nun auch noch die Sprache wiederspiegeln.
Bei den „Vätern des Grundgesetzes“ fing alles an
Die Formulierung „Väter des Grundgesetzes“ schließt sprachlich die Tatsache aus, dass auch vier Frauen an der Erstellung des Grundgesetzes beteiligt waren – namentlich: Nadig, Friederike (SPD), Selbert, Elisabeth (SPD), Weber, Helene (CDU) und Wessel, Helene (Zentrumspartei) (Quelle:). Bis zu meinem Politikstudium und einer hitzigen Diskussion mit meinem Prof warum er von Väter spricht, wenn doch auch Frauen, also Mütter dabei waren, war mir nicht bewusst, dass es sowohl Männer und Frauen waren. Ich vermute mal den Einfluss der Amerikaner hier – denn die „Founding Fathers“ waren in der Tat nur Männer. Heute spricht die Bundeszentrale für politische Bildung fast schon natürlich von den Müttern und Vätern des Grundgesetzes.
Wie mach ich das aber in meinen Reden?
Für mich hat das Angemessene Vorrang. Wenn ich nur mit Männern rede, dann nur männliche Ansprache und das passiert leider noch immer oft genug – wenn ich nur mit Frauen spreche oder in meinen Seminaren arbeite, dann nur die weibliche Form, aber auch das passiert viel zu selten.
Auf die Mischung kommt es an
Sobald ich ein hetoregenes Publikum vor mir haben benutze ich sowol die neutralisierten Formen wie „Werte Teilnehmende“ aber auch ganz spezifisch und zielgerichtet die männliche oder weibliche Ansprache. Ich vermeide jedoch zu doppeln – wie zum Beispiel „werte Sekträrinnen und Sekretäre“.
Der Einfachhalt halber nutze ich meist die gebräuchlichen männlichen Sprachformen
„Man macht das halt so und frau auch!“ Diese Formulierungen von „man“ gehen mir sowieso und immer wieder gegen den Strich, denn als Weichmacher verwässern sie unsere Sprache. Ich habe mich deshalb für die Variante entschieden, die dem jeweiligen Publikum entspricht – dem „aptum“ ebend.
Die Frage an meine Leser ist mit einer Umfrage verbunden: Welche Ansprachen bevorzugen Sie?
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